Mit Hilfe Israels?
"Das sind Gangster": Popular Forces wollen Hamas im Gazastreifen ablösen
- Veröffentlicht: 10.07.2025
- 14:01 Uhr
- Benedict Hottner
Im Gazastreifen sorgt eine neue Miliz für Aufsehen: Die sogenannten Popular Forces wollen die Kontrolle der Hamas brechen – und arbeiten dabei angeblich mit Israel zusammen. Doch Experten zweifeln an ihrer Durchsetzungskraft, und auch intern ist die Gruppe nicht unumstritten.
Im Gazastreifen hat sich eine neue palästinensische Gruppierung formiert: die Popular Forces, zu deutsch: Volkskräfte. Die rund 300 Mitglieder starke Miliz, die sich im Juni 2024 gründete, will die Kontrolle der Hamas im Gazastreifen beenden. Angeführt wird sie von Yasser Abu Shabab, einem Beduinen, der zuvor wegen krimineller Aktivitäten in Haft saß – festgenommen von der Hamas. Am 7. Oktober 2023 wurde er während des Angriffs auf Israel jedoch freigelassen.
Neue Kraft im Gazastreifen: Wer sind die Popular Forces?
Die Gruppe beschreibt sich laut "Euronews" selbst als "Anti-Terror-Dienst" und versteht sich als freiwillige Bürgerwehr, die humanitäre Hilfe vor "Plünderung, Korruption und organisiertem Diebstahl" schützen will. "Wir sind keine professionellen Kämpfer und auch keine Miliz, da wir keine Guerillakampftaktiken anwenden", erklärte die Gruppierung selbst.
Unterstützung durch Israel? Uneinigkeit innerhalb der Gruppe
Brisant: Laut einem Interview mit dem arabischsprachigen Sender des israelischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks KAN soll Abu Shabab bestätigt haben, dass seine Gruppe mit der israelischen Armee in Rafah "koordiniere" – allerdings nicht bei militärischen Operationen, sondern bei "Unterstützung und Hilfe". Kurze Zeit später dementierten die Popular Forces jedoch, dass das Interview überhaupt stattgefunden habe.
Die Hamas reagiert auf das Auftreten der Gruppe mit Gewalt. Laut Angaben eines Sprechers der Popular Forces wurden bereits über 50 ihrer Mitglieder getötet, darunter auch Angehörige Abu Shababs, während diese Hilfskonvois begleiteten.
Fleur Hassan-Nahoum, stellvertretende Bürgermeisterin von Jerusalem und Sonderbeauftragte des israelischen Außenministeriums, sagte gegenüber "Euronews": "Diese Volkskräfte sind ein zweischneidiges Schwert. Wir sprechen hier nicht über friedliebende Demokraten, sondern über Banden, die genug von der größten Bande von allen haben – der Hamas."
Zweifel an einer echten Alternative zur Hamas
Yasser Abu Shabab ist auch innerhalb seiner Familie umstritten. Wie Euronews berichtet, war er vor dem Krieg in den Schmuggel von Drogen und Zigaretten verwickelt – Vorwürfe, die ihn auch heute noch belasten. Dennoch wird die Existenz der Popular Forces in Israel als mögliche Chance gesehen. Ein ehemaliger Mossad-Offizier erklärte gegenüber Euronews: "Das sind Gangster, aber manchmal muss man mit Gangstern zusammenarbeiten, um die Hamas zu stürzen."
Geheimdienstquellen, die mit Euronews sprachen, beschrieben die israelische Unterstützung als "kurzfristige taktische Maßnahme", wobei diese Gruppen nicht als "Ersatz für einen langfristigen strategischen Plan" dienen können.
Die Erfolgsaussichten scheinen dadurch begrenzt. Hamas-Experte Guy Aviad betont außerdem die Fähigkeiten der Hamas. Die Islamisten verfügen laut seiner Aussage über ein "sehr effizientes Sicherheitsnetz" verfügen, das auf mögliche Aufstände oder Rivalen vorbereitet sei. "Die Hamas weiß, wie man Organisationen unterdrückt, die sie herausfordern", so Aviad.
Die größte Hürde für neue Akteure im Gazastreifen ist es, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Seit 2007 – also seit fast zwei Jahrzehnten – wird das Gebiet von der Hamas beherrscht. "Der größte Teil der Bevölkerung kennt nur die Hamas-Bewegung. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens ist unter 18 Jahre alt", erklärte Aviad. "Der größte Teil der Bevölkerung wurde also durch das Hamas-System erzogen; das ist es, womit sie vertraut sind."
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