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"Anti-Scholz" und Ministerpräsident

SPD-Erfolg in Brandenburg: Wie Wahlsieger Woidke die Aufholjagd gelang

  • Veröffentlicht: 23.09.2024
  • 15:50 Uhr
  • Joachim Vonderthann

Der brandenburgische Regierungschef hat hoch gepokert - und gewonnen. SPD-Spitzenkandidat Dietmar Woidke holte auf den letzten Wahl-Metern die AfD noch ein. Wohl auch, weil er sich von Kanzler Scholz distanzierte.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Brandenburg-SPD kann bei der Landtagswahl die meisten Stimmen holen.

  • Noch vor wenigen Wochen sah es nach einem Sieg der AfD aus.

  • Die einmalige Aufholjagd geht vor allem auf das Konto von Ministerpräsident Woidke.

Dietmar Woidke hat alles auf eine Karte gesetzt. "Wenn ich gegen die AfD verliere, bin ich weg", war sein Credo. Sein größtes Ziel: erreichen, dass die Brandenburger Fahne "keine großen braunen Flecken kriegt". Am Wahlabend kann er sich freuen: Seine SPD hat gewonnen und mit über 30 Prozent ein starkes Ergebnis eingefahren. "Wir haben eine Aufholjagd hingelegt, wie es sie in der Geschichte unseres Landes noch niemals gegeben hat", sagte Woidke bei der SPD-Wahlparty in Potsdam.

Seit elf Jahren ist Woidke Ministerpräsident, seit 30 Jahren im Landtag. Er zählt zu den vier dienstältesten Ministerpräsidenten in Deutschland. Der 62-Jährige ist zum dritten Mal als Spitzenkandidat der SPD zur Landtagswahl angetreten.

"Wenn ich gegen die AfD verliere, bin ich weg"

Wie  "ZDF heute" berichtet, ergibt die Wahlanalyse von Brandenburg, dass es vor allem Woidke war, der die Landes-SPD vom negativen Bundestrend abkoppeln konnte. Dies zeigt sich demnach auch in den persönlichen Beliebtheitswerten. Brandenburgs Wahlsieger komme hier auf einen Wert von plus 1,7 Punkten, SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz erreiche hingegen nur minus 1,1. Auf gemeinsame Wahlkampf-Auftritte mit dem Kanzler verzichtete Woidke weitgehend.

Die Bundes-SPD will hingegen Woidkes Erfolgsweg möglichst kopieren. Dessen Wahlsieg zeige, dass die SPD Stimmungen drehen und gewinnen könne, sagte Parteichef Lars Klingbeil am Montag (23. September) in Berlin. Das gelinge dort, wo sie Arbeitsplätze, eine starke Industrie und Familien in den Mittelpunkt stelle, und dort, wo sie den Kampf mit der AfD aufnehme, fügte er hinzu

Der Diplomagraringenieur Woidke arbeitete nach seinem Studium als Assistent an der Humboldt-Universität in Berlin und ging von 1990 bis 1992 zu einem Unternehmen nach Bayern. Es zog den Brandenburger aber wieder in die Heimat: 1994 wurde er Landtagsabgeordneter in Brandenburg und zehn Jahre später Umwelt- und Agrarminister. Nach der Landtagswahl 2009 wurde er SPD-Fraktionschef, im Jahr darauf Innenminister. 2013 übernahm er das Ministerpräsidenten-Zepter von Matthias Platzeck. Seitdem ist er Vorsitzender der Landes-SPD.

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Woidke verliert Direktmandat an AfD-Mann

Woidke war zuletzt der mit Abstand bekannteste Landespolitiker. Sein größter Coup: die Ansiedlung des Elektroautobauers Tesla in Grünheide, die 2019 nach der Landtagswahl verkündet wurde. Seine "schwerste politische Entscheidung" war nach eigenen Worten die Absage der Kreisgebietsreform. Zu den traurigen Tagen zählt er die Ermordung von zwei Polizisten und den tragischen Tod von zwei Feuerwehrleuten - beides im Jahr 2017.

Eine persönliche Schlappe musste Woidke trotz des SPD-Erfolgs bei der Landtagswahl aber hinnehmen. Er verlor sein Direktmandat denkbar knapp an den AfD-Politiker Steffen Kubitzki. Dieser erhielt 11.562 Stimmen - Woidke genau sieben Stimmen weniger, nämlich 11.555.

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Woidke betont gern seine märkische Zurückhaltung, spricht aber mit Schmunzeln über ein "andalusisches Temperament" der Brandenburger, das manchmal auch in ihnen schlummere. Vielleicht war das auch Vorbild bei dem Ziel, Brandenburg mit Tempo umzubauen: vom Kohle-Land zum Erneuerbare-Energien-Land. Beim Wirtschaftswachstum lag Brandenburg im vergangenen Jahr auf Platz zwei hinter Mecklenburg-Vorpommern.

Der verheiratete Vater einer Tochter gab im jüngsten Landtagswahlkampf so viel Privates preis wie nie. Der "Bunten" verriet er, dass es mit seiner Frau Susanne bei einem Roland-Kaiser-Konzert gefunkt hat. In seinem Wahlkampf-Magazin waren Fotos von ihm als Kind auf dem Bauernhof und als junger Mann mit langen Haaren. Woidke ist Fan der Rolling Stones, von Bruce Springsteen und von Lou Reed. Stolz ist er auf seinen Enkel. Und dann ist da noch Dackel Justus von Lindenberg - "der einzige Adlige in der Familie", wie Woidke sagt.

Der gebürtige Lausitzer wurde auf einem Hof in einem Dorf im Süden Brandenburgs groß. "Mit zehn Kühen, zehn bis 15 Schweinchen, Enten, Gänsen, 50 bis 60 Hühnern", verriet er beim Deutschen Bauerntag in diesem Jahr. Der Landwirtschaft ist er seitdem eng verbunden. Vor den Bauern gab er ein leicht abgewandeltes Zitat des preußischen Königs Friedrich II. - genannt Alter Fritz - zum Besten: "Die Landwirtschaft ist die erste aller Künste, ohne sie gäbe es keine Dichter, Philosophen, Ministerpräsidenten und Bundeslandwirtschaftsminister."

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • "ZDFheute": "Das ist der Mann hinter dem SPD-Erfolg"
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