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Vor Kiews drittem Kriegswinter

Insider: Russland und Ukraine sprechen über Angriffs-Stopp auf Energieanlagen

  • Aktualisiert: 31.10.2024
  • 08:48 Uhr
  • Michael Reimers

Einem Medienbericht zufolge führen Russland und die Ukraine erneut Gespräche darüber, die Angriffe auf die Energie-Infrastruktur der jeweils anderen Kriegspartei einzustellen.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Gespräche zwischen Russland und der Ukraine über die Beendigung der gegenseitigen Angriffe auf Energieanlagen sollen wieder aufgenommen worden sein.

  • Die von Katar vermittelten Gespräche waren nach dem Einmarsch Kiews in die Region Kursk kurz vor einer Einigung eingestellt worden.

  • Ein Angriffsstopp auf die Energie-Infrastruktur der beiden Länder wäre die bedeutendste Deeskalation des Krieges seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine 2022.

Kiew will mit Russland wieder über die Einstellung der gegenseitigen Angriffe auf Energie-Infrastruktur verhandeln, vermittelt von Katar. Das meldete die "Financial Times" am 29. Oktober. Dem Bericht zufolge führen die Ukraine und Russland ersten Vorgespräche. "Es gibt sehr frühe Gespräche über eine mögliche Wiederaufnahme", bestätigte der Zeitung ein mit den Verhandlungen vertrauter Diplomat. "Es gibt jetzt Gespräche über die Energieanlagen."

Die ebenfalls von Katar vermittelten Verhandlungen sollen im August bereits kurz vor einer Einigung gestanden haben. Wegen der ukrainischen Invasion bei Kursk waren sie dann jedoch gescheitert. Eine Einigung wäre dem Bericht zufolge die bedeutendste Deeskalation des Krieges, seit der russische Präsident Wladimir Putin Anfang 2022 den Einmarsch in die Ukraine anordnete.

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Wie es weiter hießt, habe der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi im Oktober erklärt, dass ein Abkommen zum Schutz der Energieanlagen ein Zeichen für die russische Bereitschaft sein könnte, sich auf umfassendere Friedensgespräche einzulassen. Nach Angaben eines hochrangigen ukrainischen Beamten griffen Moskau und Kiew im Rahmen einer Vereinbarung zwischen ihren Geheimdiensten in den vergangenen Wochen bereits zurückhaltender die Energieinfrastruktur des jeweils anderen Landes an.

Angesichts des nahenden Winters sieht sich insbesondere die Ukraine aufgrund der umfangreichen russischen Raketenangriffe, die fast die Hälfte der Energieerzeugungskapazität des Landes dezimiert haben, vor großen Herausforderungen. Das Land ist deshalb nun in hohem Maße auf seine Kernkraftwerke und Energieimporte von europäischen Partnern angewiesen.

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Putins Bedingung: Abzug aus Kursk

Sowohl Kiew als auch Moskau räumten nach Informationen der "Financial Times" zwar ein, dass ein Stopp der Angriffe auf das ukrainische Stromnetz und die russischen Ölraffinerie-Kapazitäten in beiderseitigem Interesse liege. Einem ehemaligen hochrangigen Kreml-Beamten zufolge, der mit den Gesprächen vertraut sei, werde Wladimir Putin jedoch wahrscheinlich erst dann einem Abkommen zustimmen, wenn die russischen Streitkräfte die ukrainischen Truppen aus der Region Kursk vertrieben haben, in dem sie immer noch ein Gebiet von etwa 600 Quadratkilometern kontrollieren. "Solange die [Ukrainer] das Land in Kursk zertrampeln, wird Putin die Energieinfrastruktur von Selenskyi treffen", zitiert die Zeitung den Beamten.

Die Ukraine plant dem Bericht nach jedoch, weiterhin Ziele in Russland anzugreifen, darunter auch Ölraffinerien, um Moskau zu den Gesprächen zu drängen, so ein hochrangiger ukrainischer Beamter: Abgesehen von den weitreichenden Angriffsmöglichkeiten Kiews, die es dem Land ermöglicht haben, Energieziele und militärische Einrichtungen innerhalb Russlands zu treffen, "haben wir nicht viele Druckmittel, um [die Russen] zu Verhandlungen zu zwingen".

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Die Invasion in Kursk führte dazu, dass Moskau sich aus einer früheren Gesprächsrunde im August zurückzog, als Beamte gerade begonnen hatten, ein persönliches Treffen in Doha zu planen. Katar hatte im Juni mit der Vermittlung dieser Verhandlungen gestartet, nachdem Selenskyi einen Friedensgipfel in der Schweiz abgehalten hatte, zu dem Russland nicht eingeladen war. Auch weitere Versuche, eine Einigung zu erzielen, scheiterten in der Vergangenheit.

Ukrainische Beamte bestätigten der "Financial Times", Kiew und Moskau hätten im vergangenen Herbst eine "stillschweigende Vereinbarung" getroffen, die Energieanlagen der jeweils anderen Seite nicht anzugreifen. Infolgedessen habe Russland in jenem Winter von groß angelegten Angriffen auf die ukrainische Energieinfrastruktur wie in den Jahren 2022-23 abgesehen, so zwei ukrainische Beamte und eine Person in Washington, die mit der Situation vertraut ist. Diese Vereinbarung sollte den Weg zu einem formellen Abkommen ebnen. Dann allerdings startete Kiew im Februar und März dieses Jahres erneut Drohnenangriffe auf russische Öleinrichtungen, um den Druck auf Moskau nach der gescheiterten Gegenoffensive 2023 zu erhöhen. Trotz einer Warnung aus dem Weißen Haus, die Angriffe einzustellen, setzte Kiew die Angriffe fort, und Moskau sah die stillschweigende Vereinbarung als gebrochen an, wie mit der Situation vertraute Personen sagten.

Ukraine: Stromversorgung vor dem nächsten kriegswinter kritisch

Russland schoss daraufhin mit Langstreckenraketen auf Kraftwerke in der gesamten Ukraine. Zu den Zielen gehörte auch das 40 Kilometer von Kiew entfernte Wärmekraftwerk Trypilska, das vollständig zerstört wurde. Weite Teile der Ukraine versetzten die Angriffe vorübergehend in Dunkelheit und führten zum Ausfall von neun Gigawatt Stromerzeugungskapazität - die Hälfte dessen, was die Ukraine vergangenes Jahr brauchte, um durch den Winter zu kommen. Kiew ist dem Bericht zufolge bisher nicht in der Lage, diese Kapazität vollständig wiederherzustellen.

Die Ukraine wiederum beschoss seit Anfang 2024 mindestens neun der 32 großen Raffinerien Russlands. Sergey Vakulenko vom Carnegie Russia Eurasia Center erklärte, dass auf dem Höhepunkt der Angriffe im Mai 17 Prozent der russischen Raffineriekapazitäten getroffen gewesen seien, der größte Teil davon aber inzwischen wieder repariert worden sei. Russland Raffineriekapazität ist mehr als doppelt so hoch wie der Kraftstoffverbrauch des Landes.

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Putin erklärte vergangene Woche, dass Russland nur bereit sei, "alle Varianten von Friedensvereinbarungen auf der Grundlage der Realitäten vor Ort" in Betracht zu ziehen. Zuvor hatte er verlangt, dass die Ukraine die vollständige Kontrolle über vier Frontregionen abgibt, die Moskau nur teilweise besetzt hält, sowie eine vollständige Aufhebung der westlichen Sanktionen. Die Ukraine sieht in diesen Bedingungen keine Grundlage für mögliche Friedensgespräche. Der russische Präsident sagte, die Türkei - die bei einem gescheiterten Versuch, im Frühjahr 2022 ein Ende des Krieges auszuhandeln, als Vermittler fungierte - habe kürzlich neue Friedensvorschläge unterbreitet, die die Ukraine sofort abgelehnt habe. "Offensichtlich sind sie noch nicht bereit. Der Ball liegt bei ihnen", so Putin.

  • Verwendete Quellen:
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