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Deutscher Hanfverband: "Die Lage ist Chaotisch"

Cannabis-Legalisierung: Was geplant ist & wann es losgehen soll

  • Aktualisiert: 17.07.2023
  • 08:56 Uhr
  • Alena Brandt

Das Wichtigste in Kürze

  • Das sogenannte "Kiffen" ist weit verbreitet. In Deutschland gibt es jährlich über 200.000 Strafverfahren gegen Konsumierende von Cannabis.

  • Das Problem: Der Kauf auf dem Schwarzmarkt birgt hohe Risiken - etwa durch Verunreinigungen und unbekannte Wirkstoff-Konzentrationen.

  • Der Konsum und der Eigenanbau von Cannabis soll künftig legal werden. Für medizinische Zwecke ist die Abgabe unter strengen Auflagen auf Rezept bereits freigegeben.

  • Im Interview: Der Vorsitzende des Deutschen Hanfverbandes spricht über Social Clubs und warum es unwahrscheinlich ist, dass Leute noch dieses Jahr legal THC-haltigen Hanf selbst anbauen können.

  • Im Clip: Per Drive-In Gras kaufen - im US-Staat Colorado ist das bereits möglich. 

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Die Bundesregierung plant die Legalisierung von Cannabis. Auch der Eigenanbau von bis zu drei weiblichen Hanfpflanzen soll schon bald möglich sein. Aber noch sind viele Fragen ungeklärt. Laut dem Vorsitzenden des Hanfverbandes sei die Lage chaotisch. Mehr darüber erfährst du im Interview und du bekommst wichtige Infos zur geplanten Freigabe von Marihuana im Überblick.  

Die Pläne der Bundesregierung

Die Cannabis-Legalisierung steht kurz bevor: Erwachsene sollen künftig Cannabis in bestimmten Mengen privat oder in nicht-gewinnorientierten Vereinigungen anbauen dürfen - das steht in einem aktualisierten Eckpunkte-Papier der Bundesregierung. Denn die Ampelkoalition hat vereinbart, die Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu legalisieren.

Noch ist der Plan nicht Wirklichkeit. Wann es so weit ist mit der Legalisierung, bleibt unklar.  So viel also schon vorweg: Noch darfst du keine Pflanzen zum Kiffen selber anbauen.

Besonders Jugendliche sind durch Cannabis in ihrer sozialen und kognitiven Entwicklung beeinträchtigt. Trotzdem konsumieren immer mehr Jugendliche die Droge. Die Schwarzmarktware ist häufig verunreinigt und schafft zusätzliche Gesundheitsgefahren. Das können wir nicht länger hinnehmen. Deswegen wagen wir die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in klaren Grenzen...

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach

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Wenn, denn, dann: Drei Pflanzen im privaten Eigenanbau

  • Erlaubt sein sollen bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigengenuss.
  • Diese Menge darf auch straffrei in der Öffentlichkeit mitgeführt werden.
  • Für den private Eigenanbau von Cannabis soll eine Obergrenze von drei Pflanzen für Erwachsene gelten (sofern sie für Kinder unzugänglich bleiben).
  • In regionalen Modellprojekten soll der Kauf von Cannabis ab 18 Jahren in Fachgeschäften möglich sein. Das Vorhaben soll wissenschaftlich begleitet werden.
  • Für den gemeinschaftlichen Anbau von Cannabis soll es Social Clubs geben. Darüber könnten sich Konsumenten und Konsumentinnen selbst mit Cannabis versorgen.
  • Die Social Clubs sollen nicht-gewinnbringende Vereine sein. Für Mitglieder soll gelten: Sie können bis zu 25 Gramm auf einmal und maximal 50 Gramm pro Monat erwerben. Volljährige Mitglieder unter 21 Jahren erhalten monatlich höchstens 30 Gramm.
  • Der Konsum in den Vereinsräumen soll allerdings untersagt bleiben.
  • Es besteht zudem die Möglichkeit, frühere Verurteilungen wegen des Besitzes oder Eigenanbaus von bis zu 25 Gramm oder höchstens drei Pflanzen auf Antrag aus dem Bundeszentralregister zu löschen.
  • In Deutschland sind neben Hanf-Nutzpflanzen mit geringem THC-Gehalt auch einige Hanf-Produkte erlaubt wie Getränke, ätherische Öle, Hanfmehl oder Kosmetikartikel. Auch Speisen wie Cookies oder Hanf-Brownies können legal sein, solange nur bestimmte Hanfpflanzen verwendet werden.
So sieht ein Cannabis-Blatt aus.
So sieht ein Cannabis-Blatt aus. © Imago Images/Bihlmayerfotografie

Interview mit Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband: "Die Lage bleibt chaotisch"

Viele "Cannabieri" möchten direkt mit dem Eigenanbau beginnen und suchen per Feldforschung auf Google nach Tipps zum Pflanzen. Zu früh - meint Georg Wurth, Geschäftsführer vom Deutschen Hanfverband. Im Interview erzählt er, wie die Lage aus seiner Sicht ist.

Wann ist es endlich so weit und der Eigenanbau kann starten? Das fragen sich gerade viele Menschen, die gerne kiffen.

Gerade ist die Lage eher chaotisch: Es geht noch nicht los mit dem Eigenanbau. Noch weiß man auch nicht, wann es so weit sein wird. Meine Vermutung: Das Gesetz wird frühestens Ende 2023 in Kraft treten.

Was sagen Sie zur erlaubten Cannabis-Menge von 25 Gramm pro Person, die künftig gelten soll?

Für Zuhause muss noch eine höhere erlaubte Cannabismenge definiert werden, weil beim Eigenanbau üblicherweise größere Erntemengen erzielt werden. Dazu steht nichts in Lauterbachs neuen Eckpunkten, aber das wird nicht anders funktionieren.

Was halten Sie von den Cannabis-Social-Club-Modellen?

Grundsätzlich sind die Clubs eine gute Sache, aber dazu gibt es noch viele Fragezeichen. Im Entwurf der Bundesregierung steht, dass man dort zwar künftig gemeinschaftlich Cannabis anbauen darf. Aber: Gemeinsames Rauchen ist nicht erwünscht. Das passt doch nicht zusammen.

Für wen sind denn diese Clubs überhaupt interessant?

Tatsächlich eher für Menschen, die viel Cannabis konsumieren. Wer nur gelegentlich einen Joint raucht, für den wäre der Aufwand viel zu hoch. Um Cannabis zu kaufen, wollen diese Konsumenten sicher nicht extra in einen Verein eintreten. Solche Leute bräuchten eher Fachgeschäfte zum Einkaufen - aber die werden fehlen.

Kann man denn in Deutschland Cannabis überhaupt draußen anbauen?

Bisher bauen die meisten Leute illegal unter Lampen an mit irrsinnigem Stromverbrauch. Wenn man Cannabis nun draußen anbauen wollte, müsste man damit im Frühjahr beginnen. Im Herbst blüht die Pflanze und dann wäre Erntezeit. Für dieses Jahr ist der Zug meiner Meinung nach abgefahren. Es gibt aber relativ viele Leute, die schon lange illegal in der freien Natur oder im Garten anbauen und durchaus zufrieden sind mit ihren Ernteergebnissen. Das meiste Cannabis wird aber wahrscheinlich in Gewächshäusern angebaut werden.

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  • Video
  • 12:21 Min
  • Ab 12

Contra: Argumente gegen eine Cannabis-Legalisierung

  1. Der Konsum von Cannabis birgt gesundheitliche Risiken, kann die psychische Gesundheit beeinträchtigen und es besteht ein Risiko zur Abhängigkeit.
  2. Mit der Legalisierung könnte es einen Cannabis-Boom geben. Die damit verbundenen Risiken sind unkalkulierbar.
  3. Der Staat hat die Fürsorge-Pflicht gegenüber Bürgerinnen und Bürgern und muss sie vor dem Konsum von Drogen schützen.
  4. Der Jugendschutz könnte gefährdet sein, da Kinder und Jugendliche potenziell schneller an Cannabis herangeführt werden.
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Pro: Was für die Cannabis-Legalisierung spricht

  1. Die Freigabe von Cannabis soll den Schwarzmarkt zurückdrängen.
  2. Konsumierende sollen vor verunreinigter Ware geschützt werden. 
  3. Derzeit gibt es zahlreiche Strafverfahren gegen Cannabis-Konsumierende. Das bindet immense polizeiliche Ressourcen.
  4. Die illegale Beschaffung führe dazu, dass Menschen Kontakt zu Dealern aufnehmen und eher den Einstieg zu härteren Drogen finden.

Häufige Fragen zum Thema

  • Verwendete Quellen:
  • Bundesministerium für Gesundheit, Pressemitteilung vom 12.04.2023
  • Deutscher Hanfverband (DHV), 2023
  • Abenteuer Leben, 2011
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