Neue Obergrenzen geplant
Cem Özdemir will stärker gegen süße und fettige Lebensmittel vorgehen
- Aktualisiert: 08.05.2024
- 11:32 Uhr
- Kira Born
Fertigprodukten könnte es an den Kragen gehen, denn der Ernährungsminister will den Anteil von Zucker, Fett und Salz darin noch weiter reduzieren.
Das Wichtigste in Kürze
Laut einem aktuellen Bericht des Max-Rubner-Instituts hat in diversen Lebensmitteln der Zucker-, Fett-, Salz- und teilweise auch der Energie-Gehalt zugenommen.
Die vom Ministerium für Ernährung 2018 eingebrachten Selbstverpflichtungen der Lebensmittelhersteller sollten Reformulierungen anstoßen, um den Zucker und Fett-Anteil zu senken.
Minister Cem Özdemir mahnt nun die Lebensmittelproduzenten, Verantwortung zu übernehmen, und will neue Ziele ausarbeiten.
Mit einer Offensive der Bundesregierungregierung und freiwilliger Anstrengungen der Lebensmittelwirtschaft sollte der Anteil an Zucker, Fett und Salz besonders in Fertiglebensmitteln deutlich sinken. Jedoch zeigt der am vergangenen Donnerstag veröffentlichte Bericht des bundeseigenen Max-Rubner-Instituts (MRI), dass die Lebensmittel-Industrie in vielen Bereichen weit hinter ihren Zielen zurückbleibt. Stellenweise habe sogar der Zuckeranteil zugenommen, hieß es.
Für Ernährungs- und Landwirtschafts-Minister Cem Özdemir (Grüne) bedarf es nun klarer Schritte: "Daher haben wir das MRI beauftragt, wissenschaftlich unterlegte Reduktionsziele in einem breiten Stakeholder-Prozess zu entwickeln. Diese objektive, wissenschaftlich fundierte Grundlage für weitere Reformulierungen wird mein Ministerium gegenüber der Lebensmittelwirtschaft einfordern", sagte der Grünen-Politiker in einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Vorstellung des Berichts.
Der zweite NRI-Zwischenbericht macht leider deutlich, dass die bisherigen Reformulierungen nicht ausreichen.
Cem Özdemir, 2024
Noch unter der Vorgänger-Regierung wurde 2018 die Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten (NRI) angestoßen. Ziel war es, dass der Zucker-, Fett- und Salzgehalt in Fertiglebensmitteln wie Müsli, Limonaden und Tiefkühlpizzas bis 2025 drastisch sinken soll. Der Vorstoß sollte hochverarbeiteten Lebensmitteln, die zu "Übergewicht und Adipositas sowie anderen ernährungsmitbedingten Krankheiten wie Diabetes Typ 2" führen können, einen Riegel vorschieben, wie das Ministerium in seiner Mitteilung angab.
Durchwachsene Ergebnisse bei der Untersuchung von Fertig-Produkten
Das ernüchternde Resümee des MRI zeigt nach der Untersuchung von 35.000 Einzelprodukten, dass die bisherigen Änderungen der Rezepturen noch nicht ausreichen. Der jetzige Stand der Umformulierungen von Fertiglebensmitteln reiche nicht aus, um eine ausgewogene Ernährung im vorgesehenen Umfang des Ernährungs-Ministeriums zu unterstützen. In dem Bericht des Rubner-Instituts hieß es: Die Produkt-Reformulierungen hätten "in den letzten Jahren teilweise nachgelassen oder sind zum Stillstand gekommen“.
Minister Özdemir kündigt daraufhin an, mehr Druck zu machen: "Der zweite NRI-Zwischen-Bericht macht leider deutlich, dass die bisherigen Reformulierungen nicht ausreichen. […] Wir alle tragen Verantwortung", hieß es in dem Statement des Ministers zu den Instituts-Ergebnissen.
Kritik an Özdemirs Plänen kommt von FDP und Verbänden
Die Kritik an Özdemirs Vorgehen ließ nicht lange auf sich warten. Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands Deutschland und des Dachverbands der deutschen Lebensmittelindustrie, hält die Pläne des Grünen-Ministers für "übergriffig". Er kritisiert die Bevormundung durch die Vorgaben scharf: "Ständig beteuern, man wolle die Leute nicht bevormunden, aber dann Rezepturen vorgeben, passt nicht zusammen. Was kommt als Nächstes: Schwärzungen in Kochbüchern?", sagte er der "Bild" am Montag (29. April).
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Vorschlag für höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch
Kritik äußerte ebenfalls Gero Hocker vom Grünen-Koalitionspartner FDP: "Unternehmen produzieren, was am Ende über die Ladentheke geht. Und gerade bei Fertigprodukten wollen die Leute schnell eine leckere Mahlzeit auf dem Tisch haben. Damit sollten Politiker kein Problem haben," sagte der Bundestagsabgeordnete der "Bild".
Verbraucherorganisation geht der Zucker-Riegel von Özdemir nicht weit genug
Weit strengere Vorgaben als von Özdemir ins Spiel gebracht, forderte hingegen die Verbraucherorganisation Foodwatch: "Die lächerlichen Fortschritte bei der Reduktion von Zucker, Fett und Salz zeigen wieder einmal: Mit freiwilligen Selbstverpflichtungen der Lebensmittelindustrie allein kommen wir nicht weiter." Die Regierung müsse wirksame Maßnahmen auf den Weg bringen, um Diabetes und Adipositas in den Griff zu bekommen. Maßnahmen könnten beispielsweise eine Limo-Steuer auf gesüßte Getränke und ein erhöhter Schutz von Kindern vor Junkfood-Werbung darstellen, verlangte Foodwatch.
Auch Özdemirs Parteifreundin Renate Künast will mehr: "Die Lebensmittelindustrie muss endlich liefern und das Angebot bei verarbeiteten Lebensmitteln - speziell auch für Kinder - verändern." Außerdem müsse das Gesetz, das Kinder und Jugendliche vor Werbung für Zuckerbomben schütze, in die parlamentarische Beratung kommen, so Künast. In der Ampel-Koalition werden Pläne für Werbeverbote, die Özdemir vor mehr als einem Jahr vorlegte, von der FDP blockiert.
- Verwendete Quellen:
- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: "Viele verarbeitete Lebensmittel enthalten weiter zu viel Zucker, Fette oder Salz"
- Nachrichtenagentur dpa
- Ärzte-Zeitung: "Özdemir will Lebensmittelproduzenten Reduktionsziele vorgeben"
- Bild: " Özdemir plant Supermarkt-Revolution"